SCIENCE FICTION MEETS OSTTIROL

Alljährlich erscheint ein Weltmeister-Buch als Jahrbuch zum Wirtschaftsstandort Österreich. Die 35 prägendsten EntscheidungsträgerInnen des Landes werden in exklusiven Interviews vor den Vorhang geholt und zeigen die Aussichten für den Wirtschaftsstandort auf. In der aktuellen Ausgabe "Weltmeister Österreich 2025" ist Ing. Andreas Dorer, MBA - Geschäftsführer der 46NORD AUTOMATION GMBH in Lienz - einer der auserwählten 35 und stand Chefredakteur Alexander Haide für Fragen rund um die aktuellsten Trends in den Bereichen Automatisierung, Digitalisierung und Robotik zur Verfügung. Unser Fazit: Es lohnt sich, den Puls der Zeit spürend, die Herausforderungen, die sich für die Zukunft schon jetzt abzeichnen, anzunehmen und sich darauf einzulassen. Das komplette Interview lesen Sie hier. 

Roboter und Exoskelette wie aus einem Science-Fiction-Film

 

In Lienz entwickelt das Unternehmen 46Nord modernste, individuelle Robotik- und Automatisierungslösungen für KMU und die Industrie.

Gegründet im Jahr 2014, im Kernteam die drei findigen Techniker Andreas Dorer, Markus Mühlmann und Andreas Flatscher, sollte mit einer gemeinsamen Firma Automatisierung und Sondermaschinenbau vorangetrieben werden. Neun Jahre später - nach der Trennung von einem Partnerbetrieb - arbeiten 15 Mitarbeiter in dem Lienzer Tech-Unternehmen. Nach einem Rebranding und dem neuen Namen 46Nord, der dem 46.Breitengrad entlehnt ist, auf dem sich die Tiroler Roboterbauer befinden, beschreitet man neue Wege bei der Robotik und bei Exoskeletten, unter anderem in den Bereichen Verpackungsprozesse, Maschinenbe- und -entladungen, Montagetätigkeiten oder beispielsweise  Steuerungsprozesse.

 

Was macht für Sie den Standort Tirol interessant?

Andreas Dorer: Osttirol ist für Automatisierung und Mechatronik spannend, da es regional große Unternehmen und Industriebetriebe wie Liebherr, Loacker, Hella u n d iDM gibt, die sich in den vergangenen Jahren prächtig entwickelt und einen hohen Bedarf an Automatisierungstechnik haben. Zum anderen gibt es bei uns in Lienz eine HTL, unter deren Absolventen wir bestens ausgebildete Fachkräfte akquirieren können. Das Wirtschaftsumfeld ist sehr gut.

CEO Andreas Dorer ist auch Mitgründer des Robotik-Unternehmens 46Nord.

Sie sind in sehr vielen Bereichen in puncto Robotik tätig. Geht es überall um jene sperrigen Maschinen, die man etwa aus der Fertigung von Autos kennt?

Dorer: Grundsätzlich sehen wir uns als Universalproblemlöser. Der Kunde kommt mit einer Tätigkeit auf uns zu, die bisher manuell erledigt wird, die Mitarbeiter nicht gerne durchführen, die ergonomisch und gesundheitlich belastend ist. Ermüdende und schwere Arbeiten möchte und darf hierzulande kaum jemand mehr durchführen. Wir überlegen uns, wie man diese Arbeitsplätze innovativer und zukunftsfähiger gestalten kann, sodass Mitarbeiter für höherwertige Tätigkeiten frei werden. Dabei spielt das Thema Automatisierung und Robotik eine große Rolle, egal, ob ein Roboter eine Maschine mit Teilen belädt, Klebstoff aufträgt, Produkte verpackt oder Kartonagen stapelt. Hier ist der Roboter die erste Wahl, denn er funktioniert ähnlich wie ein menschlicher Arm, er ist sehr frei beweglich und kann unterschiedlichste Aufgaben erledigen.

 

Wie weit wird die Automatisierung in Zukunft gehen?

Dorer: Der Grad der Automatisierung muss im europäischen Umfeld einfach wachsen, da Personalressourcen nicht in dem Maße verfügbar sind, wie sie für industrielle Produktionen nötig wären. Zum anderen herrscht ein großer Kostendruck, der auf Industriebetrieben lastet, denn die Personalkosten steigen ständig an. Außerdem muss mit globalen Mitbewerbern preislich Schritt gehalten werden, wobei Automatisierung unumgänglich sein wird. Speziell im europäischen Raum gibt es extrem gutes Know-how, und es ist relativ einfach, Automatisierung abzubilden, denn es gibt genügend Unternehmen, die im Hightech-Bereich arbeiten und Lösungen für die verschiedensten Branchen anbieten. Deshalb wird sich der Trend zu mehr Automatisierung noch verstärken.

 

Ein Roboter kostet eine Menge Geld in der Anschaffung. Wann amortisiert er sich im Vergleich zu Kosten für eine menschliche Arbeitskraft?

Dorer: In Summe soll ein Robotersystem immer günstiger sein als eine entsprechende Arbeitskraft - so werden unsere Projekte auch kalkuliert. Bei Industriebetrieben stellt sich immer die Frage, wie viele Mitarbeiter ich durch Automatisierung einsparen kann. Ein Robotersystem muss sich innerhalb von zwei bis drei Jahren rechnen, das Anfangsinvestment ist sicher höher. Nach dem Breakeven ist das System inklusive Wartung günstiger als die Arbeitskraft.

 

Sie entwickeln auch Exoskelette, die man vor allem aus Science-Fiction-Filmen kennt und die in unterschiedlichsten Anwendungsbereichen zum Einsatz kommen ...

Dorer: Diesen Bereich verfolgen wir sehr intensiv und sind gemeinsam mit Infineon, Siemens Mobility und den Universitäten Wien und Innsbruck Teil des Forschungsprojekts "A2P - Assist to Produce". Dabei geht es um Möglichkeiten, Produktionsbedingungen in Verbindung mit Technik zu verbessern und zu optimieren. Bei Versuchen mit Exoskeletten ergaben Messungen, dass gewisse Tätigkeiten für den Menschen sehr belastend sein können. Vom Arbeitsschutz her gibt es Regelungen, dass beim Heben bestimmte Gewichte nicht überschritten werden dürfen. Wenn ein Mitarbeiter am Ende eines Förderbandes Kartone auf eine Palette stapeln muss, belastet das vor allem die Gelenke und die Wirbelsäule sehr stark. Hier werden Exoskelette Einzug halten. Das funktioniert allerdings nur bei bestimmten Arbeitsplätzen, bei denen die Flexibilität des Menschen gefordert ist, und nicht in der Fläche.

 

Ein anderes Thema, dem sich 46Nord widmet, sind Cobots, also Roboter, die gemeinsam mit Menschen arbeiten.

Dorer: Wenn man noch vor einigen Jahren einen Roboter eingesetzt hat, war sein Arbeitsraum strikt vom Arbeitsraum des Menschen getrennt. Der Roboter wurde wie ein wildes Tier in einem Käfig eingehaust und hat dort seine Arbeit verrichtet. Es war wichtig, dass sich Mensch und Maschine nie zu nahe kommen, denn der Roboter agiert eigentlich blind. Wenn ein Mensch in die Nähe kommt, ist das gefährlich. Die Cobot-Technologie, die sich in letzter Zeit sehr weiterentwickelt hat, ist ein sehr stark wachsender Markt und hat sich bereits in der Industrie etabliert. Dabei gibt man dem Roboter einen zusätzlichen Sinn, nämlich das Fühlen, und der Roboter kann sich bewegen, auch wenn der Mensch gleichzeitig Arbeiten durchführt. Das nennt sich kollaboratives Arbeiten, denn der Roboter unterstützt den Menschen und ist wie eine dritte Hand. Dabei gibt es Regulatorien, dass der Roboter den Menschen nicht verletzen darf. Deshalb ist auch seine Kraft reduziert. Im Cobot sind spezielle Sensoren integriert, die dafür sorgen, dass der Roboter sofort stehen bleibt, wenn es zu einer Berührung mit einem Menschen kommt. Er agiert also sehr feinfühlig.

 

Werden Roboter in absehbarer Zeit die meisten Menschen ersetzen?

Dorer: Als die Automatisierung in der Industrie begann, hat es auch geheißen, dass viele Arbeitsplätze wegfallen würden. Es gibt allerdings Studien, die belegen, dass durch Automatisierung sogar mehr Arbeitsplätze generiert wurden. Aber es wird eine Verlagerung geben - von den einfachen, sich wiederholenden Arbeiten für Menschen in Richtung komplexerer und hochwertigerer Tätigkeiten. Dafür ist der Mensch auch ausgelegt, denn bei gleichförmigen Aufgaben steigt gleichzeitig die Fehleranfälligkeit. Deshalb eignet sich ein Roboter dafür viel besser, da er nicht besonders flexibel agieren und auf veränderte Bedingungen reagieren muss.

 

Sie suchen immer wieder qualifizierte Fachkräfte. Spüren Sie hier einen Mangel an verfügbarem Personal?

Dorer: Wir haben durch die HTL Lienz einen guten Zugang, um frische, motivierte Fachkräfte zu rekrutieren, da jedes Jahr ein neuer Jahrgang maturiert. Damit können wir aktuell unseren Bedarf sehr gut decken. Beinahe alle unsere Mitarbeiter haben diese HTL absolviert. Da wir keine große Anzahl an Technikern auf einmal suchen, sondern sukzessive und organisch wachsen wollen, ist es für uns aktuell möglich, immer wieder neue Fachkräfte zu bekommen.

 

Ein kleines Team sorgt bei 46NORD für innovative Robotiklösungen.

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